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Part Three: HANDWERK / ICH / LEBEN

Eine Serie von Träumen Ein Gedicht lesen Ein Gedicht schreiben Einen Film lesen
Für Rainer M. Gerhardt Blumen im Wind Eine Art Zeugung Enigma
Televisionäre Einverl... Mahlzeiten Aus den Ruinen ABC-Gedicht
Selbstporträt --- ---
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EINE SERIE VON TRÄUMEN
für Robert A. Zimmerman
rückwärtsgewandt - Blick in die Zukunft -
auf einem Felsen stehend
einen knorrigen Ast schwenkend
                                                   : seltsame (Word-)Konstruktionen
Worte und Musik im Ohr
unverknüpft...
                      ...unverständlich (vorerst)
eine Schrift - kaum zu entziffern
Flüchtigkeiten:         Tempo der Bilder
                               keine Garantie für Erkenntnisse
er legt seine 'friedliche Kriegsbemalung' an
wozu?
           wen will er schrecken?
                                              Verstellungen
                                              Masken
er wandelt sich ständig
und ist doch kein Chamäleon
er präsentiert sich so
daß er uns gleichzeitig fremd und vertraut
erscheint...
...er schreibt:
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aretha/ crystal jukebox queen of hymn & him diffused in drunk transfusion wound would heed sweet soundwave crippled & cry salute to oh great particular el dorado reel & ye battered personal god but she cannot she the leader of whom when ye follow, she cannot she has no back she cannot ... beneath black flowery railroad fans & fig leaf shades & dogs of all nite joes, grow like arches & cures the harmonica battalions of bitter cowards, bones & bygones while what steadier louder the moans & arms of funeral landlord with one passionate kiss rehearse from dusk & climbing into the bushes with some favorite enemy ripping the postage stamps & crazy mailmen & waving all rank & familiar ambition than that itself, is needed to know that mother is not a lady ... aretha with no goals, eternally single & one step soft of heaven/ let it be understood that she ownes this melody along with her emotinal diplomats & her earth & her musical secrets
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kein Buch mit sieben Siegeln
eher:
ein Suchen (manchmal: ein Herumstochern)
in den Geheimnissen des Eigenen
verliert er sich selten im Fremden
wird alt und wird von Alten alt genannt
pocht auf SEINE 'Wahrheit'
und verirrt sich (zeitweilig sehr intensiv)
_________________________________________________________________________
es gibt nur wenig Dinge die existieren: Boogie Woogie - extra starke Frösche - Nashville Blues - spazierengehende Mundharmonikas - 80 Monde & schlafende Zwerge - nur drei Dinge bleiben: Leben - Tod und die Ankunft der Holzfäller
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ein VideoClip rauscht vorbei &
zeigt mir Bilder, die ich gern
etwas intensiver betrachtet hätte
- keine Zeit -
                      - eine kleine weißgekleidete Fee
                        erscheint und entführt mich
                        wohin ich immer schon wollte -
ein weißes Gesicht verjagt Alpträume
das Eichhörnchen bringt sie zurück
die Musik wird immer wieder unterbrochen und
seltsame Bilder tauchen auf
aus dunklen, unheimlichen Wäldern -
- wie gesagt: eine Serie von Träumen ...




EIN GEDICHT LESEN
 

ist Arbeit & Vergnügen
zugleich -
                      - zumal
                                             die Belohnung /
der Lohn
immer dort zu finden ist
                                              wo
nicht gesucht -
und ES da ist
                        (im Gedicht):
die Freude & das Chaos
des sogenannten wirklichen Lebens
das in Wirklichkeit nichts anders ist
als die lächerliche Karikatur
unsrer großen Gedichte
(Hoffentlich hab ich jetzt kein
Sakrileg begangen ? - : ?? : !)
Ob ich in der Tram
die BildZeitung oder nen Gedichtband
lese...
           (bei letzterem ist mir zumindest
die größere Aufmerksamkeit meiner Mitfahrer
gewiß - )
                 »Was liestn der da für
                 komische Sachn?!«
: Kommt auch bei Frauen besser an!
Ob ich einen Text brauch
den ich 'weiterspinnen' kann...
                                              Immer wenn ich ein Gedicht lese
                                              bin ich nicht mehr von dieser Welt...

Ich höre meine Lieblingstiere
Sie reden in Stimmen
die nur ich verstehe
die Eule   die Katze   das Stinktier

Der Wind räumt auf in den Bäumen
Die Blätter wärmen mein erkaltet Herz
O wie poetisch ist die Welt
wenn ich
wenn ich
wenn ich
ein Gedicht lese...
.
.

EIN GEDICHT SCHREIBEN
 

ist kein Vergnügen /
                                                                                                                       / wird schlecht bezahlt
und das Produkt ist
                                   (volkswirtschaftlich gesehen)
nichts weniger als überflüssig...
 
 
 
 

1.
verrückt ist das schon (irgendwie jedenfalls)
daß einer das macht:
Gedichte schreiben - oder / besser / :
was dieser eine Gedichte nennt
 
 
 
 

wie soll ein Verwirrter Formen finden
(zerstört wie er nun mal ist)
für das Chaos
das sich austobt in seinem Kopf
 
 
 
 

der Sinn
strebt nach der Leere der weißen Wand
 
 
 

2.
 

Design
oder
NichtSein  -->    das ist heut die Frage
in angemessener (?) FORM
gelangt die konzentrierte Kraft
der Poesie an den Empfänger:

 
: eher mach' ich den Band mit Rundumgoldschnitt; auf postkartenstarkem Bütten; in patagonische Jungfernhäutchen gebunden !
3.
Die härteste Negationsleistung, die täglich in bezug auf uns selbst gefordert wird, ist: von uns selber zunächst abzusehen. Im langen Gedicht bauen wir, aus den verschiedensten Wahrnehmungen, eine mögliche Welt um uns auf, sparen uns aus und erreichen auf diesem Weg, daß wir sichtbar werden.

Wer ein langes Gedicht schreibt, schafft sich die Perspektive, die Welt freizügiger zu sehen, opponiert gegen vorhandene Festgelegtheit und Kurzatmigkeit. Die Republik wird erkennbar, die sich befreit.

die Theorie dümpelt im Brackwasser
                                                         so vor sich hin
vermag nicht
der entgegenströmenden Realität
etwas entgegenzusetzen
                                                         etwas, das stark ist

immer wieder versinken Worte
im Strudel
tauchen nie mehr auf

Wer geht denn schon durch sich hindurch
über die Eisfläche
                                                        rasend
                                                        die Fackel weitausholend
                                                        über den Kopf hinwegschleudernd

alles aufgegeben
(auch Menschen)
einzig der Wunsch:
   das Ziel zu erreichen
Verbindungen zu schaffen -

aber:
zu wem?
 

4.
niemals einen Berg bestiegen
und in den Abgrund geschaut
 

5.
Zurückgreifen auf Traditionen:
                               es geht nicht mehr
                       wie auch?
              alles verbraucht
alles  z u  abstrakt
dagegen:
die süße warme Haut -
(die einzig geglückte Vereinigung von Inhalt & Form)
                                                         - jedem Gedicht überlegen
                                                         und das ist auch gut so

oder:    der knackige Mädchenpopo
             zum Hineinbeißen
             - das ist doch was
da bleibt dem Lyriker
der Herzschrittmacher stehn!

6.
Subtile und triviale, literarische und alltägliche Ausdrücke finden somit notgedrungen im langen Gedicht zusammen, spielen miteinander - wie Katz und Hund.

Alle Feiertäglichkeit weglassen. Einen Teil der theoretischen Tätigkeit in die Praxis hineinnehmen. Die Auffächerung so weit öffnen wie möglich.

7.
P O E S I E   dient (!) der Klärung und Auf-/klärung von Verhältnissen (privater oder gesellschaftlicher Natur). Möglichst genau, möglichst mit den richtigen Worten. Das sind die, die die Dinge, Menschen, Tiere, Sensationen etc so wiedergeben, wie sie (möglicherweise) wirklich sind. Bei dieser Tätigkeit ist es unbedingt erforderlich, die vorhandenen Formen zu zerstrümmern dergestalt, daß neue entstehen. Es gibt keine Grenzen mehr. Was ist Prosa, was ist Lyrik? Ich weiß es nicht. Ist auch nicht wichtig! - Und wer soll das lesen? Ich weiß es nicht! Und wer wird mir antworten? Ich weiß es nicht! - Ich werde die Verhältnisse auf-/klären!

(Januar 1988)
8.
Jammern über das Jammervolle
z.B.
»Niemand will Gedichte lesen«
Ist ja auch
selbst/verständlich
Wer mag schon
Blitze im Hirn
und dann diese Störungen
im Unterleib
- Ein Griff an den Busen der Muse
läßt kein Gedicht ent/stehen
- und beim Leser
regt sich schon rein gar nichts

                                                ein Strom von Worten
                                                flutet aus dem Hirn -
                                                trüb - kein einzelner Buchstabe
                                                zu entziffern
                                                - geschweige denn eine Silbe

Nun gut!

ICH weiß nicht wohin
die Reise geht
 

9.
In meiner schönen Umgebung
fallen mir die Worte in den Schoß
Ich heb sie nur auf
und stell sie zur Verfügung denen
die mir zuhören wollen
 
 
 
 
 

ein Chamäleon hat keine Farbe
 
 
 
 
 

leergeboren im Schilf
                                        gibt die Binse keinen Halt
                                                              Wasser blutrot
                                        färbt die Zukunft des Volkes
                                                              blinde Dichter
mein Verhängnis
 

10.
Zahnfäule - nichts als Zahnfäule
...und die Worte stinken
schon mächtig
du spuckst sie aus
und der räudigste Hund sucht das Weite
Atemgold kuriert das Leiden
nun auch nicht mehr
und der ewige Branntweinfusel
macht die Sätze taumeln
- Was hilft?

                                                Kein Arzt!:
                                                Kopf unter kaltes Wasser
                                                und dann'n tiefen Zug
                                                aus der Flasche

St. Jack Daniels, bitt für mich!
 

11.
Zukünftiges vorwegnehmend
den Tanz der Gewalt verachtend
so kommt sie
                                   und sie kommt auf den
                                   sogenannten leichten Sohlen
den Blick ins Innere
schnell abwendend

Was spricht der Meister?
Was spricht er zum Schüler?

Ja!, wenn auch ich
ein Geschenk bekäme
                                   einen ebereschenstab
mich aufrecht zu halten
                                            ich könnte heimkehren
                     in den wirbel der zeit

                                            Die aufgabe, Gerhardt
                                            ist genau zu sein, gleich
                                            von anfang an.
 

Meine Mühe
                      (allein)
ist kein / ausreichender Grund /
                                               diese (und keine andere) Position
                                               einzunehmen

Ich:  ein altjunges pferd           zugeritten in
                                      manchen sprachen

Auch ich
kann / mag / will
den Sprung nicht wagen
                                       über den Ozean hinweg
                          bleibe lieber
im alten europa

                                                                              Der stock ist ein andenken
Ach, wäre dieser
(irgendwann einmal angekommene)
Bärensohn
                   - und könntest Du, Meister, mir
                   zulächeln
doch: verloren die tragische pose
sehe auch ich nur:
einsamkeit über allen kontinenten

Und mein Mund spült aus
den Regen                         schwer
                                 aus anderer Richtung
und mein Körper beginnt
zu faulen                   süß
                               der Geschmack
auf meine zunge gelegt
                                                        derweilen ein dante vergeht
Doch Dein Rat:
                        Auf dem weg zu deinen vätern,
                        misch dich unter sie
                                                       wie?

- es ist zu spät
                      - zu spät für SEINE methode
                        hier noch unbekannt

doch auch der krieg ist tot wie der lotus

und ich rede nicht mehr
von den Schwierigkeiten
durch die ER hindurchschwimmen mußte
das Blau zu erreichen

                                                    der Weg
                                                    war verschüttet
                                                    Wie konnte ihm Hilfe sein
                                                    Dein ebereschenstab

Dein Gedicht
 

12.
Hier entsteht ein Gedicht
                                      ohne einen Helden.
Ich mache die Augen auf
                                     und sehe auf ein weißes Stück Papier.
Und ich gehe in den Gedichtraum,
höre die verschiedenen Stimmen,
neu zusammengestellt zu einer
                                              deutlicheren Welt.
ich schließe die augen
verstopfe die ohren
verbrenn meine zunge
vereise die hände
habe einen schnupfen

                                                         und niemand versteht mich
                                                         und die welt bleibt draußen
 

Die wirklichen Dinge, die passieren
rauschen vorbei wie der IC an dem vorortbahnhof
die gärten der stadt sind verödet
die sträucher von blüten leer
                                                 Die Winterhand fällt ab
                                                 und liegt im Garten
                            in der weiten ebene
                            gräbt sich kein fluß ein
                            und menschen starren
                            hohlen auges in die weite
Ein Kind sieht den Nordwestwind
Im Moor tanze und schreie ich
                            meine kräfte sind endlos
                            und doch
                            bald am ende ihrer bestimmung
                            und doch
                            sie greifen dich nicht
Sumpfdotterblumen
Knochen
Dunkelheit und Witze
                            der heimweg ist lang
                            der mond nur die fratze
                            des todes
                            nah
                            zu nah
                            bedrohlich und unausweichlich
                            das rettende ende
das haus in dieser Straße, die niemand liebt...
der mensch: Sie hat einen kräftigen Körper

                            und die montage rutscht ab
                            in den kalauer
Da war die Liebe
eine rote Tomate
eine von den kalten Frikadellen
und was soll ich noch sagen
und was kann ich noch sagen
Das Gedicht
hört hier einfach auf.
 

13.
      Ich gehe in ein
anderes Blau.
 
 

14.

g e d i c h t

erneuter versuch

                                                    (nicht verzweifelt)
                                                    nur öde
                                                    und niemanden
                                                                               begehrend

keine anrufungen mehr
und keine beschwörung
                      überwindung des lebens
                      fragmentarisch / brüchig
                      auf tönernen füßen

These fragments I have shored against my ruins

dieses land / diese kultur / dieser zusammenhang
sie haben aufgehört zu existieren
sind nur mehr schutt
auf dem wir bauen
immer gewiß
immer eingedenk
                                                der möglichkeit des scheiterns
                                                - es gibt nichts anderes

fragmentarische wahrnehmung
fragmentarische erinnerung / geschichte
fragmentarisches erkennen / gedicht
                        keine form mehr
                        oder:
                        die form des baumes
                        der die früchte abstößt
                        wie es ihm beliebt
die drogen im körper
bunt, nicht farbig
die bilder im hirn -
                        konzentration
                        ordnung
                        systemzwang
koordinierung der nervensysteme
                        und es sollte mich wundern
                        wenn er - der sohn der zeit -
                        auch nur eine zeile
                        sich aneignen könnte

keine blüte darf er sein eigen nennen
keine früchte sind nahrung
kein wein besieg seinen durst
                        er nimmt seinen stab
                        und geht
                        quer durchs blaue moor
                        die sonne nur halb

das gedicht
ist der kompass
der die richtung zeigt
- in die irre führt
 


EINEN FILM LESEN
 

                                                -   und fürs Leben lernen...

           und was s i e h t  der Be/Zuschauer da?:
           »Menschen / Tiere / Sensationen« :
           aber  :
                      s o o o   einfach
ist's nun auch wieder nicht!

Wilde Bestien gibts nicht mehr
Filme wie 'Hatari!' gibts auch nicht mehr
Wie ist das Leben doch so fad geworden:

                                                                  eine ungesalzene Suppe
                                                                  ein zähes Stück Fleisch

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'Hatari!' ist die Geschichte einer Jagdsaison und einer Handvoll Leuten. Einer von ihnen wird verletzt, man braucht einen neuen Mann. Wenn die Geschichte aufhört, dann hört auch die Jagdsaison auf. Eine wenig aufregende Saison: niemand ist getötet worden, einer hat ein Unglück gehabt, ein Mädchen ist erwachsen geworden, einer hat sich verliebt. Das ist eine ganz einfache Geschichte. Nur die Arbeitsbedingungen der Leute sind von wirklichem Interesse...

(Howard Winchester Hawks)
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es ist eine kleine Welt
(für sich):
                                        die Außenwelt drängt sich nicht störend
                                        dazwischen -
                                        der Zusammenhalt der Gruppe
                                        ist nicht gefährdet
ISOLATION?
                                       Zwischenbemerkung:
                                        Der Mensch muß einen klaren Charakter haben und eine deutlich zu definierende Bestimmung
 

Wie lange dauert denn das? -
So lange wies dauert.

Mann & Frau & diesbezügliche Probleme: wichtige Nebensächlichkeiten - gemessen an dem, was sonst so geschieht bzw. getan werden muß...

Elefantenbabys als Ersatz?
 

der Frühling kommt und die Böcke rennen mit den Köpfen gegeneinander

Die Gruppe besteht aus:
Individuen / Spezialisten
- und wie sonst nie: meinen beide Begriffe dasselbe
Denk drüber nach!
...und über allem steht die Arbeit...
und nichts gibt es
das nicht in ihrem Dienst steht...

die Arbeit wird geteilt -
nicht im Sinne von: ARBEITSTEILUNG...
...wie definieren die Menschen
ihr Verhältnis zu ihrer Tätigkeit?
 




Vergnügen   =   Arbeit
Arbeit   =   Vergnügen

                                               Professionals!

getting straight -
sonst gibts kein Überleben!

...und wir sind nicht mal Vollkasko
versichert!

- aber das ist doch nicht möglich:
jede Sekunde bringt etwas Neues

...es ist ein schönes Gefühl,
endlich fertig zu sein...
 


FÜR RAINER MARIA GERHARDT
 

todgeschunden von unbarmherzigen
Komparsen des Schicksals / ver-
antwortungsbewußt bis zuletzt nur
der einen Verpflichtung: das Wort

zu sprechen, das Dir aufgetragen
worden war / die ganze Existenz
eingesetzt für die Aufgabe, die
niemals nur Aufgabe war: die

einzige realität des dichters
ist die realität des gedichts,
der einzige wille da zu sein der
wille zum gedicht, und die ein-

zige ordnung die ordnung des
gedichts / Botschaften über den
Ozean geschickt - Antwort
erhalten und ein Geschenk, um das

ich Dich beneide: den Ebereschen-
stab / im eigenen Land: Dumpfheit
und Verständnislosigkeit bis zur
Idiotie / Warst Du die letzte

Möglichkeit, die Existenz des
Dichters zu  l e b e n  ?? /
Dabei den Blick (auch!) zu-
rückgewandt ohne die halbgebildeten

hohlköpfe der Zeit aus den Augen
zu verlieren / Im Scheitern des
Projekts die Sprache nicht zu
verlieren, leben zu können: wer

von uns vermöchte diese Kraft auf-
zubringen? / Klang zu halten - die
Formen zu sprengen und neue zu
finden - Wege zu weisen - wer? -

vielen ist es möglich, schöne ge-
dichte zu schreiben, es kommt auf
die wesentlichen gedichte an

cegestes cegestes auf der nackten haut
ist dir eine sehr schwierige figur geschrieben
die kleine rose möchte ein märchen erzählen
das kleine pferd möchte ein wenig spielen

Andere haben Deine Spur aufge-
nommen, ohne ihre Herkunft anzu-
geben, geschweige denn Tribut zu
zollen / Regen ist vielfach gefallen:

nur wenige können die Fährte lesen:
doch: - wer kann dir folgen? / Vier-
unddreißig Jahre später finden wir
die Worte nicht mehr, - wer mag da

von einer Sprache reden?! Modrig
die Verse, die wir auf das tod-
bringende weiße Blatt heften... / Der
Boden unter unseren Füßen ist unsicher ///

Ein dichter mag gestimmt werden
durch die luft eines besonderen
kulturellen raumes, er mag ange-
füllt sein mit den bildern und

wirren dieses raumes, aber sein
bewußtsein wird sich über diesen
raum erheben und wird seine er-
fahrungen suchen auch in anderen

bereichen. / Dichtung ist heute
ein lebensgefährliches beginnen.
 


BLUMEN IM WIND

für Rolf Dieter Brinkmann

Die Sinnlosigkeiten
häufen sich und meine Energie ist in den Wind geblasen
Die Dichter sind tot
doch immer noch kübelt man Schmutz über sie

Die Nachricht vom Tod
lakonisch hart:

Gegen den Wind spricht niemand
- nur das Gedicht
die Blumen sind verdorrt
in der Hand des Mädchens, das da
im Rollstuhl
an mir vorüberfährt
das Erbrochene des Liebeskranken
trocknet
- unaufhörlich -
auf dem Gehsteig nur einfach
so vor sich hin
meine Wünsche verrotten im Rinnstein
wenn ich zu spät
nach Hause komme
- mein Leben endet nach dem
Kinobesuch
 
 
 
 

Der Dichter im Grab:
... kein Ärgernis mehr ...

                                        Wer bringt ihn heute
                                        um
seinen Verdienst?
                                        ...das traurige Lieschen
                                        im Supermarkt

Ich dreh die Hand nicht um zwischen ihnen
Ich lebe nicht für sie

Ich gehe in ein anderes Blau
 


EINE ART ZEUGUNG
 

                                                -  ein-in-die-Welt-hinauswerfen
                                                                                                    (vielleicht / oder so ähnlich)
auf jeden Fall:
                      ich bin da
                      und habe nicht vor
                      mich (in der nächsten Zeit) zu verabschieden
Es ist der Anfang gemacht:
über den Krummstab gebeugt
Nomade -, sorgenvoll den Horizont
fixierend
- als obs so einfach wäre
zu finden ein Land der Ruhe und
des Bleibens
                    - als ob die neun quälenden Schwestern
                    nichts stets schon zur Stelle wären
                    das Wasser zu vergiften
                    in die Irre zu führen
Roll die Worte aus
ins Nirgendwo
                      - Vater der Völker / Nomade
                      grünes Gras - deine Sehnsucht
: du bist mein Bild
Reduktion(en) aufs Wesentliche: -
die Nahrung
                      (und nicht nur für den Körper)
                      - Wer stellt die Forderungen??! -
Ja, meine Liebe, du...
aber
wer bin ich / und: / zu wem rede ich?!?
/ nein! / nicht ich / sondern:
mein Herz
das wirbelt gegen die Küsten
des 37. Kontinents
                        wo noch niemand gewesen
Gischt sprüht
Sonne wirbelt Strahlen
Ich kenne / verstehe die Gesetze nicht
wie warum weshalb wieso & aus welchem Grund
die WELT so abläuft
                         wie es nun einmal geschieht
Tauch den Finger ins Wasser
halt ihn in die Luft
                       weißt du nun
                       woher der Wind weht?
Verschleierten Blicks
glotzt Du auf die Weltgeschichte
richtest Dein Zimmerchen ein
bestellst Deinen Garten
Dann - irgendwann - gibst Du den Löffel ab
besiehst Dir Deine Radieschen von unten
und wartest auf Deine Wiedergeburt / Auferstehung / etc

                                                        Persönlich
                                                        ja - persönlich
                                                        wie wenn du nur eine Maske
                                                        wärst
                                                        - nichts dahinter

                    Nimm deinen Stab
                    geh
                    kein Blick zurück
                                               (Salzsäule)
                    über die Dünen
                    in das Neue Land
Schakale und Füchse
kein Wassertropfen
kein Wind : weht dich : wohin du nicht willst
Versuch dein Wort zu finden
(Sprache ergaunern):
                    Täuschungen
                    Tricks
                    Vorspiegelungen
                    (Fata Morgana)
Totenschädel in den Sand gedrückt
ehemals freundlich
mir zugeneigt
nun aber...
                    im Kampf um die Gunst
                    des Publikums
                    verraten & verkauft
                    Nichts bleibt!
Nicht einmal die Erinnerung!
an die Augen / leere Höhlen nun /
die Feste die wir gefeiert
der Wein den wir getrunken
- ein blinder Fleck in der Erinnerung
und vorwärts? Zukunft, sagst du
Ich sehe keinen Weg
geschweige denn eine Richtung
Und die anderen?!
                              - Zombies!

Steck die Nadel tief ins Fleisch
ins fasrige, stinkende
und sie verschwinden woher sie gekommen
Ich trete ihnen die Flamme aus
Doch
            auch hier schon:
                                       Riten / Kulte
                                                              im Sand
            Abwehrmechanismen
                                       kulturelle Ambitionen
Arschlöcher
mit einem Wort
Das Reagenzgläschen
Blut im Urin
Panik

                                                    Ach, geht mir doch
                                                    mit euren Leiden
                                                    was ist das schon
                                                    verglichen
                                                    mit dem Stachel in
                                                    meinem Fleisch

Verschwindet in die Wüste
zu euren Vorfahren / Ahnen
und bleibt
                                                    Nur:
laßt mir
meinen Stab
                                                     EXORZISMUS
...
...und nun habe ich Zeit
mich mir zuzuwenden...
 


E N I G M A
 

Wir können nicht sehr weit vorausschauen, aber wir sehen vieles, was getan werden muß. (...) Ich verfechte die Behauptung, daß Maschinen konstruiert werden können, die das Verhalten des menschlichen Geistes weitesgehend simulieren. Sie werden bisweilen Fehler machen, und es ist möglich, daß sie bisweilen neue und sehr interessante Aussagen machen, und im großen und ganzen wird ihr Output dasselbe Maß an Aufmerksamkeit verdienen wie der Output eines menschlichen Geistes. Der Gehalt dieser Aussage liegt in der zu erwartenden größeren Häufigkeit der wahren Aussagen, über die meiner Meinung nach keine exakte Aussage gemacht werden kann. Es wäre beispielsweise nicht ausreichend, einfach zu sagen, daß die Maschine früher oder später jede wahre Aussage machen wird, da ein Exemplar einer solchen Maschine früher oder später sämtliche möglichen Aussagen machen würde. Wir wissen, wie man sie konstruiert, und da sie (wahrscheinlich) ungefähr gleich häufig wahre und falsche Aussagen machen würde, wären ihre Urteile ziemlich wertlos. Was meine Behauptung bewiese, wenn sie überhaupt bewiesen werden kann, wäre eine wirkliche Reaktion der Maschine auf Umwelt.
 


TELEVISONÄRE EINVERLEIBUNG
 

der Welt im Sitzen

- meditative Haltung:
Kartoffelsalat / Chips / Pantoffeln
Zigaretten / Papiertaschentücher / Bier
die 3-D-Brille griffbereit
- der vollendete Buddhismus -
(vgl. das Entsprechende bei Enzensberger)
verschleierter Blick: purple haze
div. Kunstgriffe
Informationen rasten ein
das Hirn rastet aus
video heißt ich sehe
nichts zu sehen
schon gar nicht ein Ich
und immer wieder: Salzstangen
(ein Tribut an die Nostalgie)
G e m ü t l i c h k e i t
der Finger rast über die Fernbedienung
alles ist bunt: keine Farben
Wut über die Abhängigkeit
"Hol nochn Bier ausm Kühlschrank!"
überall liegen Leichen rum
der fette Kanzler füllt den Bildschirm aus
mir wird schlecht
Nackte lassens hüpfen
meine Beine sind eingeschlafen
"Reich mal die Chips rüber!"
Schrecklich - überall Krieg
Da blödelt einer rum
und mir fallen die Augen zu
Bildermüll - tönender Schrott
feuerspuckende Käfer durchziehen
Tod und Verderben bringend
das in Panik und Schrecken versetzte Land
ein Rülpser, ein Furz - wohl bekomms!
Fernsehen - Dämmerstunde des Geistes
John F. Kennedy wird zum x-tenmal erschossen
der Blick schweift ab
und landet im Nirgendwo, im Nirvana
Marylin bezaubert uns
Monument Valley im Briefmarkenformat
Ich kann nicht mehr folgen
Du wirst langsam nervös
"Scheiß Programm heute!"
 


MAHLZEITEN
 

zu jeder Tages- und Nachtzeit / mein allzeit offener Magen: dehnbar und jederzeit bereit (wie der sprichwörtliche Pfadfinder): zeitlose Schönheiten der Küche...

spartanisch:      ganz einfach: vor allem abends:
                          geschälte Birnen
                          mittlerer Gouda
                          Rotwein (Côte du Rhône)

überhaupt: KÄSE !!!
und dann der Kaffee !!!
knuspriges Weißbrot

verrückt werd' ich bei
Pistazien

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vorher:                                                                                                                                          einen Kir

CHAMPIGNONS FARCIS AUX ÉPINARDES

1/2 Tasse feingeschnittene Schalotten oder Frühlingszwiebeln; 3 EL Butter; 350 g feingehackter und fest ausgedrückter, frisch gekochter Spinat oder ein 300-g-Paket tiefgekühlter, gehackter Spinat, aufgetaut und ausgedrückt; 3/4 Tasse kleingeschnittener gekochter Schinken; 1 Tasse Béchamel-Sauce; Salz; frisch gemahlener schwarzer Pfeffer; 18 bis 24 Champignonköpfe, 5 cm Durchmessser (Füllchampignons); 2 EL Butter, in winzige Stückchen geschnitten.
Den Backofen auf 180° vorheizen. In einer schweren Pfanne von 20 bis 25 cm Durchmesser dünstet man die Schalotten auf mäßiger Hitze in 3 EL Butter unter ständigem Rühren 2 Minuten, bis sie weich sind. Den Spinat zugeben und 3 bis 4 Minuten in der Pfanne wenden. Mit einem Gummispachtel die Mischung in eine große Schüssel füllen. Man rührt den Schinken und 1 Tasse Béchamel-Sauce dazu und würzt mit Salz und Pfeffer. Eine große, flache Backschüssel oder Bratpfanne mit Butter ausstreichen, die Köpfe mit Salz bestreuen und die Füllung hineingeben. Dann setzt man die Köpfe in die Pfanne und belegt sie mit Butterflöckchen. Sie werden im oberen Drittel des Ofens 10 bis 15 Minuten gebacken. Auf einer vorgewärmten Platte servieren.

- Je nach dem: 4 - 6 Personen -
dazu einen frischen Salat
Rotwein!

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und zum Nachtisch Obst!
und immer wieder: Käse!
und einen Espresso!
nach einer (Gedenk-)Pause: eine Zigarette
 


AUS DEN RUINEN
 

der Totenstädte
aufgemacht & aufgestiegen
flügellahm und dennoch Phönix
                                                auf diesem Flug
                                                hinein
                                                in die Gewitterwolke
Würstchen!
Pseudo-Alkibiades!
So kurz vorm Tod
So kurz vorm Leben
                                             AM ANFANG EINER EPOCHE
                                             STEHT DAS CHAOS
                               so matt
                                             mittendrin
                               so elend
                                             mittendrin
                               so verlassen
                                             mittendrin
                               von mir
                                             AM ENDE EINER EPOCHE
                                             STEHT DAS CHAOS
_________________________________________________________________________

Geröllhalden & Schuttplätze
abgeräumt & abgesahnt
                                             Brackwasser Abendland:
Untergang der TRADITION und Aufstieg
der NEUEN MITTELMÄSSIGKEIT
ungeahnte Ausdünstungen
                                            vor sich herschiebend
                                            an der Grenze zur Verblödung

Hirnbruch & Atemreizung
Verstopfung der Gedärme
_________________________________________________________________________

Gesegnet seien die mittäglichen Provinzen                                                  Der Zugriff auf
Frankreichs, die dem Ermatteten                                                                    eine ganz be-
Ruhe, Kraft und Erneuerung schenkten!                                                    stimmte (ausge-
Mag auch mein Klärchen                                                                        wählte) Tradition
mir den Rücken zeigen                                                                                   (s.li.) sei hier
ihr kaltes Herz                                                                                    unumwunden zuge-
wird hoffentlich ein anderer                                                                           geben. Sie ist
erwärmen!                                                                                                  die Wurzel, die
Und auch der Gang zum Grab in                                                                 Leben möglich
Avignon kann mir                                                                                 macht: Verweiger-
nicht mehr helfen...                                                                                     ung des zeitge-
O! du schwankende, trügerische Gestalt!                                                mäßen Autismus.
auf welchen Weg hast du
mich geschickt?
ohne zu wissen, ohne zu ahnen                                                                           besoffen?
wie tief die Schluchten und
Gruften des Wahnsinns sind,                                                     zu viel des süßen Weines?
in die du mich gestoßen...
_________________________________________________________________________

und wo ist mein haus?
wo kann ich wohnen?
ich war noch nie dort -.
werd ich es je erreichen?
_________________________________________________________________________

Westwärts, Ho! oder wohin?
oder ins Innen? oder wie oder was?
in den Malstrom des 9x-klugen Geschwätzes?
                                                         WIR - verwunschen
                                                         wünschen nützt nix
                                                         mach das Licht aus                                     und dann?
Fressen & Gefressenwerden
das Werden vergeht

                                                        Nur noch schreien
                                                        und die Reihen beenden
                                                        die Litaneien des Liebesgewäsches
                                                        und auch das EgoSelbst & das NichtEigene
O ihr Toten / Verschwundenen / NochMitLebenden
begleitet mein Schiff
noch im Kentern gerettet
und geworfen an Küsten
                                                             die nie ersehnt wurden
                                                                                                                      von mir
_________________________________________________________________________
MIT MÜHE UND AUSDAUER VERSUCHE ICH IMMER WIEDER DEN DURCH-BRUCH ZU EINEM ORT, DER NOCH NICHT VERWÜSTET IST VOM ALLGEMEINEN DENKEN UND SPRECHEN. - UTOPIA ALSO!
_________________________________________________________________________

P O S I T I V   D E N K E N   !

Optimismus austrahlen
in alle vier Richtungen

                                                                            das Problem der Wahrnehmung
                                                                            mal vu / mal dit
                                                                            (Beckett oder Godard?)
                                                                            Wir nehmen uns
                                                                            wahr / Wahrheit / Leben / lebendig

Leben: wohin gerichtet?
       und wozu?
Nenn mich
                   Alkibiades!
den Torkelnden, den HinundHerGeworfenen
den nie zur Ruhe kommenden...
_________________________________________________________________________

einsam und lebensfroh
warte ich auf meine auferstehung
und meinen furiosen eingang
ins reich der lorbeerbekränzten

ich, der die hoffnung nicht
aufgibt - der weitermacht
ziellos unsicher zu allem bereit; aber
zu welchem zweck zu gebrauchen?
meine verdorrte hand und meine verfaulende zunge:
                                                                  gebt acht auf die splitter
                                                                  aus süßen rosafarbenen worten
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Vielleicht treffen sich unsere Wege
irgendwann, an einem vorbestimmten Ort...
(IRGENDWANN EINMAL KOMMT DER TAG, AN DEM ICH MICH ENTSCHEIDEN WERDE, ENTSCHEIDEN MUSS: WIE ICH DICH ANREDE, WAS DU FÜR MICH BIST. - DANN WERDEN WIR IN UNSERER SILBERNEN MONDFÄHRE DAS WEITE SUCHEN. - DER TAG WIRD KOMMEN!)

mein Traum
meine Richtung
meine Muse
meine Geliebte
meine Schwester
meine Freundin
mein Kind
...so weit, so entfernt...
irgendwo in den Wäldern, die                                                                jetzt hat's ihn
erleuchtet werden /                                                               aber ganz bös' erwischt!
im Licht Deiner Augen...
...und ich bin auf meiner Wanderung
durch diesen Morast
Es gibt viele Begleiter
sie erzählen mir viel und
bieten mir Rat an...

...und ich schreibe Dir
von hier, von mir
von dem, was mir begegnet
damit Du Nachricht bekommst
(wann bekomme ich Nachricht von Dir?)

                                                         Doch trau mir nicht übern Weg:
                                                         ich lüge!
Ich lüge, damit die andern
weiterhin im Zweifel bleiben
und nur Du die Wahrheit
(wenn Du willst)
erfahren kannst
_________________________________________________________________________
                                                        ehrlos und
                                                        ehrsam

                                                        selbstvergessen
                                                        aber nicht
                                                        selbstlos

                                                        frohgemut und
                                                        schlechtgelaunt

                                                        üb' immer
                                                        treu & redlichkeit

                                                        offenherzig
                                                        aber nicht
                                                        offenkundig

                                                        fraglos und
                                                        fragwürdig
_________________________________________________________________________

Laß mich nun gehen!
Aber wohin?

                                            Wer bin ich denn?
einer, der Worte spuckt!
so etwas wie ein Mammut!
Ich atme
                      noch
und stoße Sprechblasen aus
hinweg über den Ozean / das Meer

                                             Dein Bild
                                             Dein Gesicht
spiegelt sich
und ich schreibe einen Brief
einen endlosen Brief
...und trete dabei manchem auf den Fuß
geschwollen, dick
kann nicht mehr weiter / kann nicht mehr tanzen
der Bär / der Verrückte
                                                                               schlecht gesehen
                                                                               schlecht gesagt
_________________________________________________________________________
                                                                                                                        kommentar:
ich werde weitergehen                                                                      klingt etwas pubertär
versuchen, das ziel zu finden                                                               ist aber trotzdem so
das dort (irgendwo) versteckt ist                                                              und nicht anders
wo das WORT sich zum erstenmal                                                  gemeint. das leben ist
einließ in die tödliche umarmung                                                     nun einmal kitschig &
mit dem, was von den meisten                                                            schmierig. und wers
LEBEN genannt wird                                                                              leben will, kriegt
                                                                                                                     fettige finger!
_________________________________________________________________________

dies ist kein Credo, dies ist ein Liebesgedicht
...und es sind die Blitze, die ich sehe
Ja, mein Begehren ein Blitz, ein Wetterleuchten eher
unsere Spuren erhellend
ein Leuchten in der Landschaft
                                                                      / schnell gesagt
ein Pfeil, der trifft
reißt auf das (immerhin) Fragmentarische
aller unserer Versuche, die
letztlich doch scheitern
müssen

                                                    Ich nehme ein weißes Blatt
                                                    und schreibe...
                                                    Spuren auf dem Papier
                                                    Hinterlassenschaften
                                                    Ich spreche
                                                    und etwas zerbricht
Ich isoliere Situationen & Menschen
treffe Vorkehrungen
damit das Puzzle unzusammensetzbar bleibt
damit ich nicht festgesetzt werden kann
                                                    ich habe kein Vertrauen mehr
                                                    zu der Kraft
                                                                         die im Haushalt
                                                    der Sprache Zerstörungen anrichtet
                                                    mit Folgen ungeahnten Ausmaßes
                                                    die Teller und Tassen zertrümmert
Sprachwelt / Scherbenwelt
                                                              Was ist nur los?
_________________________________________________________________________

Es wird nicht kommen
zu abgeklärten Erklärungen erklärend das
was bewegt
           mich
                und nicht nur mich
wie ich hoffe
auch Dich...
 


ABC-GEDICHT
 

das Leben buchstabieren, lernen & herausfinden
wer hier wo und warum spinnt
die >Sache< auf den >Punkt< bringen...
diesen punkt dann vergessen (irgendwie!)
zu einem Abstand gelangen, der
unvorstellbar ist und nicht zu vergleichen...
traurige Gemüse in den Läden
kein Samt auf der Zunge und nirgendwo
ein Tropfen, der das Hirn auslöscht
...dann dies alles ganz schnell wieder vergessen...



SELBSTPORTRÄT
 

                                            im ersten Anlauf
                                            mit drei Tropfen Blut auf der Zunge
                                            und dem lauten Ruf der Frauen im Ohr
                                            ohne den üblichen Aufwand gekleidet
                                            gehe ich mit einem blinden Spiegel durchs Land
                                            der mir die Wahrheiten vorenhält
                                            die ich niemals erfahren wollte
[wozu auch]
                                            der blinder Gärtner entfernt den Blütenteppich
                                            so bunt die Welt - so weit der Weg
                                            fasrige unbewegte Wolken treiben
                                            in einen kitschig rosaroten Untergang
                                            tanzende Bäume treiben Unwesen
                                            - das übliches Bild und
                                            ein Nest: Ratten im Hirn
                                            wecken den Killer in mir
[nu lach mal nich!]
                                            Geistererscheinungen in den >Tagesthemen<
                                            Hirnlose treiben auf den Abgrund zu
                                            bei mir:
                                            kein BetroffenSein beim Anblick von Kriegen
                                            wohliges Gefühl bei den Katastrophen am Schluß
                                            kurz vor dem Wetter
                                            Es bleibt der einzigmögliche Ausweg:
                                            ich setz mich hinweg
[zum 1000.mal vergebens]
                                            über alles was auch nur 1 m entfernt ist von mir
                                            blinder Malwurf der ich bin
                                            wahrnehmungsunfähig
                                            Ja, ja - die Wahrheit!
                                            Das Leben ist kurz
                                            und wer sich betrinken will
                                            hat nicht viel Zeit zu verlieren.
                                            Nebel - und eine Sonne bricht durch
                                            so gegen Mittag
                                            Ich schlage eine Bresche ins Nirgendwo
                                            wo das Ziel liegt ist nicht bekannt
                                            O Bruder - reich mir den Becher
                                            laß uns trinken den Schluck
                                            der uns heimführt ins Dunkel
                                            Er bringt das Vergessen - ersehnt & erhofft
[was willst du vergessen?]
                                            Gefährliche Kurven für den TransRapid
                                            der Gedanken, die führerlos auf immer neue
                                            Hindernisse zurasen ...
                                            unendliches Gewirr der Knoten & Umleitungen
                                            Dead End ...
[...und keinen Führerschein...]
                                            der Film reisst
                                            immer an derselben Stelle
                                            die Bilder verkleistert, zugeschmiert
                                            von einer zähen, triefenden, nicht definierbaren
                                            Flüssigkeit ...
                                            Fragmente und Fetzen tanzen
                                            bis die Sinne vergehn
[komm zu dir!]
                                            Was reizt mich denn noch ... ???
                                            da sind schon schwerere Geschütze aufzufahren
                                            da mußt du schon `nen Gang zulegen
                                            Teuerste
                                            so einfach
                                            bin ich
                                            nicht mehr zu haben
                                            ich brauch meine Stimulantien
                                            und die gibts nicht
                                            in der Apotheke
                                            also - was solls
[Rassist! Voyeur! Würstchen!]
                                            mich begleiten Figuren
                                            die einstmals erdacht und erträumt
                                            in schlaflosen Nächten
                                            wo Geister und Bilder und Spiegel und Rufe
                                            und Blumen und Wolken und Sonnenuntergänge
                                            mir den Schlaf stehlen
                                            und sich fortschleichen
                                            und ich kann sie nicht fassen
                                            am Morgen
                                            wenn die Augen verklebt
                                            der Hals trocken
                                            der Kopf umnebelt
                                            sich mit dem Rest aufmachen
                                            den Tag zu beginnen
                                            Sie werden zu Schatten
                                            und ich bleib zurück
                                            mit der täglichen Leere ...
[Keine Sentimentalitäten, bitte!]
                                            Verbrannt ist alles ganz und gar,
                                            das arme Kind mit Haut und Haar;
                                            ein Häuflein Asche bleibt allein,
                                            und beide Schuh, so hübsch und fein.
 


AMERKUNGEN:


Anm. zu EINE SERIE VON TRÄUMEN
Geschrieben: Sommer/Herbst 1991. - Die Poesie Bob Dylans ist immer anwesend. Das Zi-tat stammt aus: Bob Dylan: Tarantula, London etc. 1973, page 7 (evtl. Seite 124).
Anm. zu EIN GEDICHT LESEN
Geschrieben im Februar 1988. - Im Text ist ein Hinweis auf Arno Schmidt zu finden...
Anm. zu EIN GEDICHT SCHREIBEN
Begonnen im Februar 1988, beendet am 26.6.1988.
Zitat aus:
Arno Schmidt: Caliban über Setebos, in: Bargfelder Ausgabe I/3, Zürich 1987, Seite 479.
Zitat aus:
Walter Höllerer: Thesen zum langen Gedicht, in: Akzente, München, 12. Jahrgang (1965), Heft 2, Seite 128-130.
Ebda.
Zitate aus:
- Rainer Maria Gerhardt: Brief an Creeley und Olson, in: umkreisung. gedichte, Karlsruhe 1952, Seite 25-30 - Charles Olson: An Gerhardt dort, inmitten der Dinge Europas, von denen er uns ge-schrieben hat in seinem Brief an Creeley und Olson, in: ders., Gedichte, Frankfurt/Main 1965, Seite 35-46.
Zitate aus:
Rolf Dieter Brinkmann: Westwärts 1&2. Gedichte, Reinbek 1975.
Ebda.
T.S.Eliot: The Waste Land, vers 430.
Anm. zu: EINEN FILM LESEN
Erster Entwurf: Anfang Nov. 1987; überarbeitet: Ende Nov. 87; Endfassung: Juli 1991. - Quellen, aus denen auch die Zitate stammen: 1) der Film Hatari! von Howard W. Hawks (1962), 2) das Heft Nr. 197/198 der Zeitschrift Filmkritik, München, Mai/Juni 1973.
Anm. zu FÜR RAINER MARIA GERHARDT
Geschrieben am 23.4.1988. - Zitate aus den Texten R. M. Gerhardts. Wer will, kann sie finden!
Anm. zu BLUMEN IM WIND
Geschrieben am 23.4.1991.
Anm. zu EINE ART ZEUGUNG
Erste Fassung: April 1988; Endfassung: Anfang Juli 1988.
Zitate aus:
Alan M. Turing: Intelligence Service. Schriften, Berlin 1987, Seiten 182 und 10.
Anm. zu TELEVISIONÄRE EINVERLEIBUNG
Geschrieben am Abend des 18.10.1991. - Es gab zu sehen: Die Tagesschau - Derrick: Der Schrei - ...und dann begann eine ziellose Wanderung durch sage und schreibe fün-fundzwanzig Programme. Ende der KonsumVeranstaltung: 23.41 Uhr.
Anm. zu MAHLZEITEN: Geschrieben am 25.10.1991.
Anm. zu AUS DEN RUINEN
Erste Notiz: 5.4.1986; erste Weiterführung: 10.4.1986; zweite Weiterführung: 1.5.1986; dritte Wei-terführung: 6.5.1986; überarbeitet im InterCity 'Kurpfalz' zwischen Köln und Augsburg am 30.5.1986. - Ich habe keine Lust mehr, Zitiertes durch Nachweise dingfest zu machen. Ein wenig Detektivarbeit muß dem Leser überlassen bleiben. - Endfassung: Oktober 1991.
Anm. zu ABC-GEDICHT
Geschrieben am 8. Mai 1992.
Anm. zu: SELBSTPORTRÄT
Geschrieben im Winter und Frühjahr 1993. - Das Fragment ist gedacht als Auftakt einer Serie. Also: Fortsetzung folgt ... ! Das Zitat wird natürlich nicht nachgewiesen.