BERÜHRUNGEN. PROLOG
ein filmtext
 

vorspann:  BERÜHRUNGEN
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               ein Film
               von Franz Josef Knape
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              PROLOG

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porträt (myself)

text:  Was zu sehen ist, ist zu sehen durch meine Geschichte; durch das, was mich zu dem gemacht hat, was ich bin; zu sehen sind Einstellungen zu bestimmten Personen, Dingen und Landschaften. Nicht mehr und nicht weniger.

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titel:        I.   VERSUCH, EINEN WEG ZU FINDEN

bilder:  Schnee - Baum in Winterlandschaft - Winterlandschaft - Feld (versch. Einstellungen) - Feld - Feldwege - Blume/Schwenk auf sauerländische Landschaft - Kamera geht auf dem Weg - Feldwege (versch. Einstellungen) - Autofahrt - Sauerl. Landschaft - Norbert auf dem Weg nach Weringhausen - Finnentrop, Hauptstraße, am Ufer - Finnentrop, Hauptstraße, Bahnhof - Meschede.

töne:  Peter Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1 B-Moll Op. 23, 1. Satz, leicht verzerrt wiedergegeben (wie aus einem Transistorradio) mit an- und abschwellenden Störungen; darin eingeblendet folgende Texte:

Dieser Film ist nur der Vorfilm zu dem eigentlichen Film, den ich machen werde (eines Tages).

Es ist nur das zu sehen, was zu sehen ist auf der Leinwand; mehr ist nicht zu sehen. Mehr sollte nicht gesehen werden. Mein ganzes Bemühen geht nur darauf hinaus, zu zeigen, was ich mit meinen Augen sehe, wenn ich meine Kamera bei mir habe und sie in Betrieb setze. Ich möchte also nur das festhalten, was ich mit meinen Augen sehe, in einem ganz bestimmten, aber nicht vorherbestimmten Augenblick sehe. So ist das, was zu sehen ist, durchaus vom Zufall bestimmt.

So ist dieser Film mitbestimmt von dem, was ich im Kino und im wirklichen Leben sehe. Vom Kino, in dem man immer mehr nur das zu sehen bekommt, was man nicht mehr sehen kann, und in dem man immer mehr sehen soll als man sieht. Vom wirklichen Leben, das verstört und zerstört an uns vorübergeht, das wir nicht begreifen und festhalten können.

Die Töne, die zu den Bildern mitgeliefert werden, sind nicht von mir; sie sollen die Bilder nicht erklären, das haben sie nicht nötig; sie sollen auch nicht Kontrast sein. Es handelt sich um Musik, die ich zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt gern gehört habe. Dieser Zeitpunkt ist nicht identisch mit dem Zeitpunkt, in dem ich die Bilder aufgenommen habe.

Weil das Kino heruntergekommen ist, verbringen viele ihre Freizeit vor dem Fernsehgerät. Wie ungesund diese Leute leben! Bleibt als Alternative nur die Entscheidung, die Filme, die man sehen möchte und nicht zu sehen bekommt, selber zu machen.

Es wäre schön, wenn sich die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm aufheben ließen. Der Film als Dokument des Spiels, das wir jeden Tag spielen. Wenn das Leben zum Spiel würde, und der Film ein Bild von diesem Spiel würde, Dokument eines Spiels. Das wäre schön!

Es ist schön zu träumen
und es ist schön zu spielen
Bilder zu sehen
Musik zu hören
Essen zu gehen
Ein schönes Mädchen anzusehen
Fahrrad zu fahren
Sich Utopien auszudenken
Filme zu machen

Ein sehr persönlicher Film, natürlich!

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titel:        II.   BERÜHRUNGEN UND ABSCHIEDE

bilder:  Ruth strickend - Schwenk auf Rosen - Schwenk auf Ruth strickend - RvR redet mit den Händen - Porträt: im Wechsel Ruth / Elisabeth - Ruth wird von RvR fotografiert (Schuß/Gegenschuß) - Ruth sitzt auf dem Balkon, verdeckt das Gesicht mit den Händen - Ruth hält einen Holzstab vor die Kamera - Ruth sitzt am See - Oberbayerischer See - Feld mit Garching im Hintergrund - Gymnasium - Ruth geht einen Feldweg entlang und verschwindet langsam am Horizont.

töne:   Antonio Vivaldi: Concerto C-dur für zwei Trompeten, Streicher und Continuo, PV 75; daraus: Satz 2 'Garve' und Satz 3 'Allegro'. Dauer: 5:03 Minuten. Rest der Episode stumm (evtl. Arik Brauer: Serenade, Dauer: 3:35 Minuten).

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titel:    III.  IN DEN STRASSEN WAR ES SO WIE IMMER...

bilder:  München Hbf. (versch. Einstellungen) - Hauptbahnhof: Zoom auf Stachus - Leopoldstraße - Bilder von Münchner Straßen.

töne:  Ein Zitat aus Hartmut Bitomskys großartigem Buch 'Die Röte des Rots von Technicolor. Kinorealität und Produktionswirklichkeit':
Das Kino wird dunkel, und in die black box schießt das Licht der Projektion hinein. Die Musik beginnt, und der Film fängt mit einer Einstellung über die See an. Die Kamera schwenkt über das eben bewegte Wasser; wegen der langen Brennweite des Objektivs lösen sich alle Umrisse auf, und die Farben verlieren ihre Festigkeit. Dann kommt rußender Rauch ins Bild, ein Schornstein, ein Schiff. Die Kamera läßt sich von der Fahrt des Schiffes mitziehen, und es taucht ein zweiter Dampfer auf, den das erste Schiff verdeckt hatte. Zwischen den Schiffen liegt eine große Entfernung; aber es ist, als kreuzten sich ihre Routen eben jetzt. Danach ist eine Lagune zu sehen. In den Mulden stehen flache Tümpel, als sei die Ebbe erst vor einem kurzen Augenblick eingetreten und das Land nur für einen kurzen Augenblick freigelegt. Auf der Lagune befinden sich einige Menschen, in großer Entfernung voneinander und von der Kamera; aber sie kommen sich nicht näher. Doch den ungeheuren leeren Raum, zwischen den Dampfern und zwischen den Leuten auf der Lagune, füllen die vielen Blicke der Zuschauer aus. Sie kommen wie eine unsichtbare Flut; weil sie es sind, die sehen.

Daran anschließend: Country Joe and the Fish: Colours for Susanne; Dauer: 5:57 Minuten; Rest der Episode stumm.

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titel:    IV.  RUBY TUESDAY

bilder:  Autobahnfahrt (eine Kassettenlänge)  - Rest: Schwarzfilm.

töne:  The Rolling Stones: Ruby Tuesday; Dauer: ca. 3:23 Minuten.

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T H E   E N D
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